Pulling Strings | Theater
Pulling Strings ist eine Arbeit, die sich in den Formaten einer Choreographie für einen Raum, einer Theaterperformance, einer ortsbezogenen Installation und einer Videoarbeit realisiert hat. In den Bewegungen vorgefundener Objekte in einem je spezifischen Raum beginnt sich minutiös dessen Porträt abzuzeichnen.
Alles beginnt mit einer Bestandsaufnahme und der Einladung an die Zuschauenden, den jeweiligen Ort mit seinen dazugehörigen Objekten, Dimensionen und Funktionen genau zu betrachten - nah, fern, oben, unten, auf, zu. Es entspinnt sich eine Choreographie, die große Gegenstände wie Bäume, Tische, Lampen, aber auch ganz kleine Dinge wie Stifte, Gläser, Teebeutel im doppelten Wortsinn mobilisiert. Und nicht nur Greifbares, auch immaterielle Gegebenheiten wie Geräusche, Gerüche oder sich verflüchtigende Materie wie Rauch spielen eine Rolle. Der Prozess des performativen „Strippenziehens“ verändert, indem er den Zuschauenden neue Perspektiven auf das Gewohnte, Gekannte eröffnet, die Wahrnehmung eines Ortes und seiner Körperlichkeit(en).
Leuchtend gelbe Fäden sind auf voller Länge durch den ganzen Raum gespannt. An dem einen ihrer Enden sind die Einrichtungsgegenstände des Theaterbetriebs befestigt: Scheinwerfer, Lautsprecher, Verlängerungskabel, Vorhänge oder Reinigungsutensilien. Am anderen Ende agieren die PerformerInnen und TechnikerInnen. Sie ziehen hier die Fäden ziehen, spannen sie weiter und bringen so das Inventar in Bewegung: Langsam und kontinuierlich, von einem schabenden Geräusch begleitet, kriecht ein Feuerlöscher über den Boden, einmal quer über die Bühne. Auf der Hälfte der Diagonale hält er inne - oder vielmehr die PerformerIn, die bisher an seinem Faden zog. Eine zweite Schnur sorgt dafür, dass der Feuerlöscher losgeht: Das Löschmittel stiebt in einer großen Wolke in die Luft. Als die rote Gestalt mechanisch ihren Weg fortsetzt, bleibt in der Bühnenmitte ein weißer Fleck zurück.
Auf dem Boden stehende Scheinwerfer richten sich auf. Klappernd und hüpfend treten sie in Dialog, werfen spielerisch ihre Lichtkegel auf den Boden, die Wände, an die Decke. Skurrilen Tieren gleich, heben Mikrofonständer ihre Köpfe. Sie schauen sich um, picken wie auf Nahrungssuche abrupt in die Luft. Erst nehmen sie wenig Notiz voneinander, dann drehen sie ausgelassene Pirouetten und verstricken sich in einen Nahkampf - bis sie ineinander verkeilt zu Boden gehen.
Schnell und langsam, grazil und schwerfällig bewegt sich Kleines und Großes, Leichtes und Schweres, mal fast unmerklich und mal mit viel Getöse. Es entfaltet sich eine Choreographie des Raumes und verlagert die Aufmerksamkeit von der Zweckgebundenheit des gewohnten Gebrauchs funktionaler Objekte auf die sonst eher unbemerkt bleibenden Eigenheiten der Dinge, die zunehmend als belebte Gestalten erscheinen. Ausgehend von einer genauen Betrachtung des jeweiligen Aufführungsortes und einer Bestandsaufnahme seiner vorgefundenen Ausstattungsgegenstände entwirft Pulling Strings das Porträt eines Raumes. Die eigentlichen AkteurInnen sind dabei die Dinge, die wir als Teil des funktionierenden Theaterapparates gewohnt sind, zu übersehen: Kabel, Züge, Vorhänge, Mikrofone, Mülleimer, Klebebänder und Scheinwerfer.
Credits
IDEE
Eva Meyer-Keller
PERFORMANCE & TECHNIK & LICHT IN ZUSAMMENARBEIT MIT
Tomas Fredriksson, Sheena McGrandles, Irina Müller, Sybille Müller, Benjamin Schälicke
ZIEHSYSTEM
Florian Bach, Ruth Waldeyer
DANK AN
Thomas Meadowcroft, Rico Repotente
PRODUZIERT VON
Eva Meyer-Keller in Koproduktion mit Hebbel am Ufer, Kunstenfestivaldesarts Brüssel und MDT Stockholm. Unterstützt vom Hauptstadtkulturfonds Berlin. Mit Unterstützung von PACT Zollverein Essen.
Venues
PULLING STRINGS
14.06.2014
¿qué puede un cuerpo?, La Casa Encendida, Madrid (ES)
PULLING STRINGS
11.05.2013—12.05.2013
KunstenFestivaldesArts, Brussels (BE)
PULLING STRINGS
13.04.2013—14.04.2013
MDT, Stockholm (SE)
PULLING STRINGS
08.03.2013—09.03.2013
PACT Zollverein, Essen (DE)